Da war ich nun also: in New Jersey, etwa 1 Stunde ausserhalb von Manhattan, dem “Downtown” von New York. Genug der langen Busfahrten war ich froh, endlich meine Beine ausstrecken und mich bewegen zu können – daher bin ich frohgemutes einfach drauf losmarschiert. Und kurze Zeit später hatte ich das Gefühl, mich irgendwo in Lateinamerika – oder Spanien? – zu befinden: um mich herum wurde wenig Englisch, dafür viel Spanisch gesprochen, die Gegend war sympathisch unordentlich und überhaupt schien alles und jeder so relaxed. Vielleicht lag das auch einfach nur an meinem Schlafmangel.
Das erste, was mir auffiel, war: Blumen! Grün! Sommer! Aaaaah, diese Farben und die Fetzen Natur, die man hier in der Stadt erleben kann. Einmal tiiiieeef einatmen! Wie gut das tut, nach dem tristen und grauen Toronto! Sofort knipste ich fleissig drauf los: so sieht also ein blühender Baum aus – nicht vergessen!
Und die Menschen um mich herum! Man begrüsste sich gegenseitig, ich konnte lächelnde Gesichter sehen – wow, habe erst jetzt gemerkt, wie ausgetrocknet meine Seele war von all den miesepetrigen Gesichtern, die ich tagein und tagaus auf meinem Arbeitsweg in Toronto sehe. Und noch einmal: tiiiiieeeef einatmen! Tut das gut!
Als ich dann schliesslich, kurz vor dem Liberty Park, auf ein nettes kleines Cafe stiess, in welchem man Bubble Tea (Tee mit Milch und Tapioca Kugeln, ähnlich wie Gummibärchen) bekam, war ich im absolut 7. Himmel 🙂 New York: I like!
Am unteren Zipfel von New Jersey angekommen, wollte ich nun endlich auf die andere Seite, das berühmte Manhattan entdecken. Dazu stieg ich auf eine kleine Fähre, die im 15 Minuten-Takt die beiden Seiten der Stadt verbindet (Erinnerungen an Vancouver und der Fähre zu Nordvancouver kommen hoch). Und da seh ich sie dann auch von weitem, die Freiheitsstatue.
In Manhattan angekommen bummelte ich genüsslich gen Norden – und durchquerte so mancherlei touristische Orte, unter anderem natürlich den 9/11 Memorial Platz mit dem fast fertig gestellten Freedom Tower, Time Square, Union Square und Washington Park.
Erschöpft von diesem Tag suchte ich meine Weg zurück zu meiner Unterkunft und fiel in einen komatösen und erholsamen Schlaf…
Am nächsten Morgen ging es dann zurück in die Innenstadt – erst einmal das Gepäck verstauen. Funny, im Busterminal oder am Bahnhof selbst gibt es keine Schliessfächer (eine der vielen Konsequenzen, die durch 9/11 verursacht wurden), dafür hat eine Privatperson ein kleines “Security Depot” aufgemacht und eine kleine Privatwohnung zur Gepäckaufbewahrung umfunktioniert. Hab ich durch Zufall im Internet entdeckt…
Das Gepäck losgeworden habe ich mich wieder durch die verrückte Innenstadt gekämpft, diesmal noch etwas weiter gen Norden in den Central Park.
Central Park hat mich ein wenig an den englischen Garten in München, ein wenig an London und ein klein wenig an Paris erinnert: eine wundervolle, riesige Parkanlage mit einem kleinem See, auf dem man sogar Bötchen fahren kann.
Vom Central Park bin ich mit der U-Bahn gen Osten nach Brooklyn und Williamsburg gefahren – loved it! Williamsburg hat mich ein wenig an Berlin erinnert, ist so eine typische hippe Gegend, etwas Alternativ und laissez-faire mit gleichzeitigem Schick und Charme. Dort hatte ich auch eine nette Kaffee-Begegnung: Ashik, ein Kinderarzt aus Miami, hat mich auf der Strasse angesprochen (“Hey, I gotta say ho to you, you have that relaxed vibe around you and kind of float amongst the people…”…aaaah, nice :)), was zu einem spannenden Austausch und unterhaltsamen Gespräch führte. Wow, sind die Menschen hier offen und relaxed 🙂
Weiter Richtung Brooklyn laufend befand ich mich dann plötzlich im jüdischen Viertel. Extrem spannend: hier “leben” Communities noch richtig – die Kulturen, die Traditionen, das alles wird noch gepflegt, Ganz anders als in Toronto, wo jede Ecke einen anderen europäischen Namen trägt (Little Italy, Little Portugal, Little Norway), aber nichts and die ursprüngliche Kultur erinnert. Schön!
Und schliesslich war ich dort, an der weltberühmten Brooklyn Bridge, auch diese musste ich natürlich während meines kurzen Besuches in New York überquert haben. Touri pur! Aber schöne Aussichten 🙂
Und damit war ich wieder auf der Seite von Manhattan.
Mein Abschiedsbummel von dieser Stadt brachte mich zur “High Line”: ehemalige Eisenbahngleise, die oberhalb der Innenstadt verliefen, wurden zu einer Art Park umfunktioniert. Wunderschöne Anlage, man fühlt sich wie in einer anderen Welt, dabei rauscht unterhalb von einem der hektische Alltag vorbei. Einmalig schön!
Und damit war mein Aufenthalt in New York vorbei. Nun ging alles wieder von vorne los: die ewige Warterei an dem Busterminal, die langwierige Fahrt Richtung Kanada, die Grenzkontrolle (die diesmal allerdings nur 30 Minuten dauerte, Kanadier sind eben effizienter) und schliesslich die morgendliche Einfahrt in die Stadt, Toronto.
Nun ja, “Stadt”. Mir huschte ein müdes Lächeln über die Lippen, als ich in die nun fast leblos wirkende Innenstadt einfuhr. Und da wurde mir bewusst: Toronto ist einfach viel zu jung. Es ist zwar extrem gewachsen in den letzten Jahren und zählt mittlerweile zwar knapp 3 Millionen Einwohner (im Vergleich zu 8.5 Millionen in New York), aber es hat noch keinen eigenen “Geruch”, keine Geschichte, keinen Charakter, keine Persönlichkeit. Wenn man nach Toronto fährt, präsentiert sich die Stadt als eine einzige Baustelle: an jeder Ecke werden Hochhäuser hochgezogen, Strassen erweitert, aus- und umgebaut…es wirkt fats wie ein lebensechtes Monopoly.
Da denke ich doch gerne noch eine Weile an meine Eindrücke von New York zurück: eine Stadt mit sehr viel Charakter, abwechslungsreich, bunt und eindrücklich. In New York war ich plötzlich an so vielen europäischen Orten gleichzeitig: München (= Central Park), Hamburg (= Wasser), Paris (= Parks, Europa-Flair der Cafes), London (=Backsteingebäude, Parks), Berlin (=Williamsburg).
Es war sicherlich nicht mein letzter Besuch dieser beeindruckenden Stadt.