Willkommen in Nelson! Wieso auch immer – aber mein erster Eindruck von dieser Kleinstadt (10’000 Einwohner) war sofort: hier ist die Zeit stehen geblieben. Aber nicht unbedingt auf eine wohlige, romantische, nostalgische Art und Weise – eher etwas abgeschottet, abgrenzend gegenüber jeden Einfluss von aussen. Und jede Menge Hippies, die hier rumlaufen. Eigentlich sehen alle gleich aus in ihren viel zu langen Wollstrickpullis, den Rastazöpfen, Ring in der Nase und bunten Ringelstrümpfen. Wieso sind die alle in Nelson – das doch eigentlich das Outdoor-Idyll ist, Paradies für jeden Mountainbiker, Skier und Snowboarder? Aber das hier ist so gar keine Bergdorfidylle.
Habe dann herausgefunden, dass Nelson zwar ursprünglich durch die Ansiedlung von Bergarbeitern entstand, Anfang des 20. Jahrhunderts dann aber jede Menge Duchoborzen, eine christliche Religionsgemeinschaft (Sekte?) aus Russland hierher flüchteten (und diese waren gegen Politik, Gesetze, waren extreme Pazifisten und lebten polygam) und in den 60er Jahren Kriegsverweigerer (also noch mehr Pazifisten) aus den USA folgten. Und diese Stimmung hat sich eben bis heute erhalten. Eine merkwürdige Stimmung…
Die Unterkunft, die ich online über Airbnb gefunden hatte, lag aber nicht direkt in Nelson, sondern etwa 15 Minuten ausserhalb, schön idyllisch mitten im Wald bei den Bären – und was ein traumhaftes Haus das ist:
Hier kann man es sich gute gehen lassen, da muss ich dringend nochmal hin.
Mein Bewegungsdrang hat mich dann am ersten Tag schnell aufs Bike getrieben: rund um Nelson habe ich die Bikestrecken und Bikeparks erkundigt. Schick hier – alles schön im Wald und daher bestens gepolstert, falls man mal das Gleichgewicht auf dem Zweirad verlieren sollte 🙂
Das war also schon mal ein voller Erfolg!
Am zweiten Tag ging es dann ab zu einer längeren Wanderung. Etwas nördlich von Nelson liegt der Kokanee Glacier Provincial Park, ein alljährlich beliebter Ort zum wandern, klettern und campen im Sommer und für Ski- und Schneeschuhtouren im Winter. Dort habe ich heute versucht, dem schmelzenden Kokanee Gletscher so nahe wie möglich zu kommen.
Dazu ging es ertsmal 45 Minuten die recht “rohe” Forststrasse hinauf, denn wieder einmal hiess es (wie so üblich in Kanada): Zugang nur mit Allradantrieb. Dementsprechend sah es oben auch aus:
Einige der Autos waren so schick mit Draht umwickelt. Lustiger Bärenschutz, dachte ich mir. Später habe ich gelernt: das ist ein Schutz gegen Stachelschweine, die angeblich hier oben hausen und eine Vorliebe für Gummi und Kabel haben! Und mit durchgenagtem Bremskabel mag hier keiner wieder runterrollen.
Sehr aufmunternd war auch das Schild am Parkplatz: welcome overnight visitors! Wie jetzt – heisst das, ich komme heute nicht mehr zum Auto zurück? Lost in the wilderness? Scheinbar gibt es nicht so viele Tageswanderer hier…
Aber dann ging es erstmal los, ab Richtung Berge. BERGE! Hach, traumhaft.
Und dazu diese herrlichen Farben!
Die gesamte Landschaft in diesem Park ist stark von der Eiszeit geprägt, von riesigen Granitblöcken übersät und von einem Bergsee nach dem anderen geprägt. Im Sommer ist es hier sicherlich noch einmal bunter und herrlicher.
Und jede Menge Wildtiere sind hier zugange, um die Jahreszeit alle sehr damit beschäftigt, ihre Vorräte für den Winter zu sammeln. Neben Eichhörnchen und Streifenhörnchen sind mir auch die kleinen Pikas über den Weg gelaufen, kleine Mini-Hasen, die es hier in Nordamerika recht häufig gibt.
Der Kokanee Lake war für mich Halbzeit meiner Wanderung: ein beeindruckender Bergsee, an dem sich rechts und links die riesigen Felswände hochziehen, von Steinlawinen durchzogen – und dort mitten hindurch führt der Wanderweg.
Die riesigen Felsen haben mich hier wirklich fasziniert – wie die so zufällig aufgeschichtet hier wohl schon jahrelang in einer Position verharren – bis zum nächsten Bergrutsch.
Der Wanderweg führte weiter durch eine schöne offene Tallandschaft bis hin zu einer Berghütte (na ja, dazu kann man schon fast “Bergloft” sagen), von der man dann sogar den Gletscher sehen konnte.
Und an dem Punkt war es dann auch vorbei mit der Idylle: in dieser Berghütte übernachtete nämlich eine Schulklasse mit 12-Jährigen. Vorbei war mit Ruhe und Erholung – und das war für mich das Zeichen, den Rücktritt anzutreten.
Schön wars! Und damit sind meine 2 Tage in Nelson auch schon vorbei. Morgen geht es weiter Richtung Norden, nach Revelstoke – ein weiteres Mountainbike-Paradies. Juche!