Hui, nach dem Wochenende brauch ich erstmal Wochenende. Dabei klang alles so vielversprechend…

Wilson und sein Geschäftspartner Michael hatten sich vorgenommen, ihr Team zu einem Wochenende nach Tofino einzuladen. Michael hatte dort vor einem Jahr ein nettes Haus gekauft, dass direkt am Strand lag; für ihn als begeisterten Surfer der perfekte Ort.

Da Wilson’s Firma zunehmend wächst, war die Idee, sich ein Wochenende Zeit zu nehmen, um zu reflektieren, Ideen zu sammeln, was man verbessern könne und die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Klang toll!

Mich hat Wilson kurzfristig ebenfalls eingeladen 🙂 Da ich anfangs die Webseite fĂĽr seine Firma erstellt hatte, konnte ich ebenfalls einen Beitrag leisten und meine Sicht als “kundenzentrierter Berater” mit einbringen.

Nur Ace konnten wir leider nicht mitnehmen. Zum GlĂĽck fanden wir Freunde, die Ace gerne fĂĽr das Wochenende zu sich nahmen. Juchhe!

Am Freitag morgen sind wir um 6 Uhr aufgestanden, haben das Auto gepackt, Ace bei unseren Freunden abgeladen (grosse Wiedersehensfreude, alle waren happy) und sind dann zur Fähre gefahren.

Um kurz vor 11 Uhr waren wir auf Vancouver Island angekommen. Hier gab es erstmal eine Pause in einem Coffeeshop, ich musste mich in ein meeting via Videokonferenz einklinken und Wilson hat sich mit Michael getroffen, um separat einige geschäftliche Angelegenheiten zu regeln.

Gegen 13 Uhr habe ich mich dann alleine mit dem Auto Richtung Tofino begeben. Normalerweise dauert die Fahrt etwas 3 Stunden, wenn man erstmal auf der Insel ist. Nur momentan (nun ja, “momentan” ist nun schon ein fast 2-jähriger Dauerzustand) wird die Strasse ausgebessert. Da es sich um eine recht enge, kurvenreiche Strasse direkt zwischen Meer und steilen Felswänden handelt, bedeuten solche Bauarbeiten auch immer: Strassensperre.

In Tofino ist man so schlau, dass man sich dazu einen täglichen Rhythmus ausgedacht hat: morgens zwischen 8 und 11 Uhr und dann wieder zwischen 13 und 15 Uhr gibt es eine Komplettsperre. Zwischendurch ist die Strasse dann jeweils fĂĽr eine Richtung frei – und zwar im Stundentakt.

Um 15 Uhr kam ich an dieser Baustelle an (war durch Michael vorgewarnt und kam mir daher super schlau vor, direkt um 15 Uhr, also zur geplanten “Ă–ffnung” dort zu sein). Vor mir eine riesige Warteschlange. Nun ja, so lang kann es ja nicht dauern.

Kurz vor 16 Uhr wurde ich etwas nervös: so spannend war mein Buch nun auch wieder nicht, ausserdem schwätzten sich direkt vor mir zwei Mercedes-Sprinter Fahrer zu Tode, die sich begeistert Tips zu ihren Van-Umbauideen gaben. Bin dann etwas herumgelaufen, hab einen kleinen Schwarbären am Strassenrand getroffen und dann ein Pärchen gefragt, ob sie mehr wĂĽssten ĂĽber den Stand der Dinge. “Ja, die Bauarbeiter sind grad so gut in Schwung und arbeiten noch bis um 16.30Uhr, dann gehts weiter.”

Na fein. Gut in Schwung. Ne halbe Stunde, das geht noch.

17 Uhr. Noch immer geht es keinen Millimeter vorwärts. Ich habe nichts zu trinken und zu essen im Auto, ausserdem hatte ich mich riesig auf eine Joggingrunde am Strand gefreut…ich muss hier weg. Motor an, umgedreht, zurĂĽckgefahren. An einer etwa 10 Kilometer!!! langen Autoschlange vorbei. Jeder schaute mich dumm an, ich zuckte nur die Schultern – und fuhr zurĂĽck, bis ich einen kleinen Schotterweg am Strassenrand bemerkte. Ich MUSS mich jetzt einfach bewegen, mir ist schon egal wo, Hauptsache etwas Natur. So bog ich in den schmalen Weg, stellte das Auto ab, zog meine Laufschuhe an und rannte einfach los. Nicht die schönste Gegend, ein verlassener Kiesweg abseits von der Hauptstrasse – aber Hauptsache Bewegung. Ich kam an einem netten kleinen Wasserfall und kleinen Bächen vorbei – na also, fĂĽhlt sich doch alles schon viel besser an.

Gegen 18 Uhr machte ich mich dann erneut auf den Weg Richtung Tofino. Die Baustelle war zwar nun geöffnet – aber es ging nur in stockendem Verkehr vorwärts.

Gegen 20 Uhr kam ich endlich bei Michael an. Wilson und Team waren bereits da, alle ziemlich erschöpft. Das war mit Abstand die längste Anreise die ich je nach Tofino hatte.

Wir verbrachten gemeinsam einen gemĂĽtlichen Abend, lachten viel, tranken Wein, lernten uns kennen. Gegen 1 Uhr fiel ich todmĂĽde ins Bett.

Am nächsten morgen standen wir alle gegen 7 Uhr wieder auf: wir hatten mehrere Surfbegeisterte in der Gruppe, die wollten alle ins Wasser, bevor wir mit unseren Workshops anfingen. Ich quälte mich auch müde aus den Federn, schnappte mir unser Stand-up Paddelboard und meinen Surfanzug und machte mich ebenfalls auf den Weg ins Meer.

Surfen in Tofino, das ist jedes Mal ein Schlag ins Gesicht. Die Wellen sind kraftvoll, reissen dich hoch und drĂĽcken dich unter Wasser. Kein Pardon. Ich schaffte es zwar irgendwie rauszupaddeln – aber so richtig aufstehen und Balance halten klappte nicht so wirklich am Morgen. Geschlagen trabte ich also wieder zurĂĽck zum Haus…

…und schaute auf mein Handy. Dort wartete eine Textnachricht von unseren Freunden. “Wir hatten die schlimmste Nacht mit Ace und konnten kein Auge zumachen. Ace weint die ganze Zeit, wir wissen nicht mehr, was wir tun sollen und sind am Ende mit unseren Kräften…”.

Na prima. Das funktioniert ja klasse mit Ace. Da mĂĽssen wir – also ICH – wohl zurĂĽck nach Vancouver.

Wilson buchte mir ein Ticket mit einem der kleinen Wasserflugzeuge, der schnellste Weg, um wieder nach Vancouver zu kommen. Nur leider ĂĽberlegten die sich in letzter Minute, dass das Wetter zu schlecht sei, um zu fliegen…

Die letzte Option: ich nahm einen Bus zur Fähre, dann die Fähre, dann einen Bus nach Hause. Das dauerte ja “nur” 7 Stunden.

Um 20 Uhr kam ich in unserer Wohnung an, wo Ace schon sehnsĂĽchtig wartete und mich wie verrĂĽckt begrĂĽsste. Na, jedenfalls einer war glĂĽcklich.

Und das war mein Wochenende. 20 Stunden Reisezeit fĂĽr ein Glas Wein mit netten Leuten und einen kurzen Sprung ins Meer. Irgendwie hatte ich mir das etwas entspannter vorgestellt…

Michael’s Hauskatze

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