Wir hatten hier in Kanada ein langes Wochenende – und sind spontan Rob’s Einladung gefolgt, mit ihm zum campen in die Wildnis zu fahren. Raus aus der Stadt – ich hatte auch wirklich die Nase voll, stressige Projekte, was sich auch ziemlich auf die Stimmung zwischen mir und Wilson schlug. Etwas Abstand ist da immer hilfreich.
Zelt und Campingsachen eingepackt – und los ging es. Eigentlich dachten wir, dass wir gegen den Ferienverkehr planen könnten. Statt bereits am Freitag (wie so viele, wie wir fĂ€lschlicherweise dachten) starteten wir am Samstag vormittag. Und rums, sassen wir im Stau fest. Es hat fast 3 Stunden gedauert, ehe wir aus der Stadt und Richtung Whistler kamen.
Am spĂ€ten Nachmittag hatten wir den Trubel dann hinter uns gelassen. Von nun an nur noch unberĂŒhrte Natur…
…oder so Ă€hnlich. Wir trafen nĂ€mlich an jeder Ecke auf eine Gruppe von “Dirt-Bikern”. So nennt man eine spezielle Motorradart, die fĂŒr Fahrten im GelĂ€nde gemacht sind.
Es dauerte eine Weile, bis wir einen geeigneten Platz zum Zelten fanden, der nicht bereits von einer Gruppe besetzt war. Und da redet man immer von der endlosen Wildnis in Kanada đ Das hat sich herumgesprochen und die Zeiten Ă€ndern sich.
Am nĂ€chsten Morgen machten wir uns gemĂŒtlich FrĂŒhstĂŒck (RĂŒhrei mit Toast – Camping-deluxe), als die Gruppen an uns vorbeizogen: zunĂ€chst 3 Trucks, dann eine Gruppe von MotorrĂ€dern. Sie alle hatten Probleme, sich den ausgewaschenen Weg hinaufzubewegen. Schnell gab es Stau im Wald. Wir beobachteten das alles gelassen, liefen ab und zu den Weg hinauf um Tipps zu geben (also: Wilson und Rob gaben die Tipps) und vertrieben uns so die Zeit. Nach und nach wurde es immer voller, mehrere Gruppe wollten auf diesem Weg raus aus dem Tal und die Gegend erkunden. So viel Verkehr habe ich auch noch nicht erlebt đ
Wir kamen aber so mit anderen ins GesprĂ€ch, tauschten uns aus, bis irgendwann der Weg auch fĂŒr uns frei war.
Auf der Anhöhe angekommen hatten wir einen tollen Blick zurĂŒck ins Tal:
Das Gute an der Situation: nun wussten wir, wo alle anderen hin wollten – und konnten eine andere Richtung einschlagen. So langsam fanden wir die Abgeschiedenheit – und tolle Seen. FĂŒrs Baden war es allerdings zu kalt und zu windig…
Es ging weiter in die “offene Weite”. Rob kannte die Gegend recht gut und zeigte uns eine verlassene BlockhĂŒtte. Er hatte den Besitzer einmal getroffen: ein Ă€lterer Mann, der hier vor allem im Winter Jagdtouren organisiert. Ăberall hĂ€ngen JagdtrophĂ€en, es gibt zahlreiche kleine HĂŒtten ausgestattet mit Betten und einer kleinen KĂŒche – und natĂŒrlich grossem Grill vor jedem HĂ€usschen. Ein Jagdparadies scheint das hier zu sein.
Wir zogen weiter. Irgendwann fanden wir ein nettes PlĂ€tzchen in der Sonne – vor uns das offene Feld, hinter uns der Wald. So riecht Freiheit.
Ich machte mich auf, um die Gegend etwas zu erkunden – und mir die Beine zu vertreten. So tolle Herbstfarben um mich herum – herrlich.
Hier traf ich auf ein weiteres JagdplÀtzchen.
Nach einiger Zeit hörte ich aus der Ferne leise Rufe. Ich machte mich auf dem RĂŒckweg, um nachzuschauen – und tatsĂ€chlich, Wilson rief meinen Namen. ZurĂŒck am Auto angekommen lief er mir schon entgegen: “Hast du den Grizzly gesehen?” “Welchen Grizzly?” “Da lief ein riesiger BĂ€r genau in deine Richtung kurz nachdem du verschwunden bist. Man, wir haben uns Sorgen gemacht.”
Verdammt, da dreht man sich einmal um – und verpasst die tollsten Tiere. Ich habe keinen BĂ€ren gesehen oder gehört (und ich achte auf meine Umgebung). Eigentlich war ich in der leisen Hoffnung losmarschiert, einen Elch zu entdecken…das wird dann wohl nichts.
Wir suchten uns nicht unweit von dem Feld ein nettes PlĂ€tzchen zum zelten und machten uns ans Kochen. Die Abendstimmung war zauberhaft – doch der Wind vermieste mir ein wenig die gute Laune. Es wurde ziemlich schnell recht kalt und ich wurde trotz zwei Pullover und einer Daunenjacke nicht richtig warm.
Ich ging frĂŒh ins Bett und hatte eine extreme kalte Nacht vor mir. Aber immerhin blieben wir vom Regen verschont.
Am nĂ€chsten Tag begrĂŒsste uns der Sonnenschein, langsam wurde es wieder wĂ€rmer. FĂŒr uns stand nun der Heimweg an.
Auf unserem RĂŒckweg mussten wir wieder den extreme steilen und ausgewaschenen Weg hinter uns bringen – diesmal ohne Stau. Es ist so schwierig, diese Konditionen auf Fotos oder Videos festzuhalten – aber vielleicht geben die Aufnahmen einen ersten Eindruck:
Anschliessend gab es noch einen kurze Verschnaufspause am See bevor wir uns auf den Heimweg machten.
Und damit war das lange Wochenende auch schon wieder herum – und es heisst wohl: tschĂŒss Sommer, hallo Herbst!