Wir haben unser langes Wochenende für unsere erste grosse Wanderung in dieser Saison genutzt: 3 Tage (und 2 Nächte) sind wir an der Westküste von Vancouver Island entlang gestiefelt. 49km und 1900 Höhenmeter…aber der Reihe nach 🙂

Wilson brauchte unbedingt wieder eine Herausforderung und hat mir diese Mehrtageswanderung schmackhaft gemacht. Die Wettervorhersage war prima, wir hatten ein langes Wochenende, und ein befreundetes Paar hatte ebenfalls Interesse, diese Wanderung mitzumachen. Alles klang positiv und vielversprechend und ich stimmte mich in Gedanken schon ein auf Camping am Meer und das Schleppen eines schweren Rucksacks.

Langes Wochenende heisst nur dummerweise auch: jeder will raus aus der Stadt. Und: sehr viele davon wollen rauf auf die Insel. Wir waren viel zu spät, um eine Reservierung für die Fähre zu bekommen. Es bleibt immer ein kleines Kontingent an (unreservierbaren) Restplätzen zur Verfügung – aber das ist wie Lotto spielen 😀

Mich nervt das langsam schon ziemlich an: es gibt so viele schöne Orte in unserer Umgebung, aber die werden eben immer überfüllter, teurer, verstopfter und schwieriger zu erreichen. Ich schätze allerdings, dass Vancouver da keine Ausnahme ist…

Nun, jedenfalls entschieden wir uns fürs Lotto spielen. Wir packten unsere Rucksäcke am Freitag abend und wachten am Samstag um 4 Uhr auf, um uns auf den Weg zur ersten Fähre zu machen. Wir hatten Glück: wir kamen tatsächlich auf die 6-Uhr-Fähre (so früh wollte an einem langen Wochenende dann scheinbar doch nicht so viele aufstehen) und waren um 10.30 Uhr am Startpunkt unseres Wanderwegs angelangt.

Die Wanderung: 49 km insgesamt (wir liefen von Nord nach Süd)

Wir hieften unsere riesigen Rucksäcke auf unsere Schultern und liefen los.

Anfangs waren wir guter Dinger. Die Nacht zuvor hatte es geregnet, doch als wir starteten, bewegte sich das Wetter in eine deutlich positive Richtung. Mein Rucksack fühlte sich auch einigermassen bequem (oder besser: weniger unbequem als befürchtet) an.

Der Wanderweg lief parallel zur Küste, so dass wir immer wieder einen Blick auf das Meer hatten…

…doch zum grössten Teil im urigen Regenwald herumliefen, gut geschützt vor einzelnen Regentropfen, die am Morgen noch ihren Weg zu uns fanden.

Wir hielten etwa alle zwei Stunden für eine Pause an, vor allem, um das Gewicht vom Rücken zu nehmen und um uns zu stärken. Das funktionierte zunächst noch ganz gut.

Irgendwann wurde der Weg jedoch immer trickreicher: die Wurzeln und Baumstämme waren alle feucht und somit rutschig (man musste auch immer wieder über Baumstämme balancieren, unter ihnen hindurch kriechen oder oben drüber steigen). Dazu kam der Matsch: der Weg war komplett aufgeweicht. Als beliebter und bekannter Wanderweg wurde er viel genutzt, die Pfade im Wald hatten auch nie Gelegenheit, zu trocknen – und so wurde es ziemlich schnell ein Schlammfest. Was wiederum bedeutete: wir kamen nur seeeeehr langsam voran.

Motivierend war für mich, immer wieder mal in Meeresnähe zu kommen, aus dem Wald heraus, den blauen Himmel zu sehen und rutschige Felsen oder Strand unter den Füssen zu spüren, statt Matsch.

Auf dem Wanderweg gab es im Abstand von etwa 10 Kilometer Campingplätze, also Orte, wo jemand ein Plumpsklo aufgestellt hatte und alle paar Tage das Toilettenpapier ersetzt wurde. Spartanisch – aber es half dabei, Ziele zu setzen 🙂

Nach 19 Kilometern erreichten wir so einen Ort. Wir waren wir alle so groggy, dass wir uns auf das nächstbeste freie Plätzchen warfen, unsere Schuhe ausziehen und erstmal nur schweigend da sassen.

Dann meinten unsere Freunde: wir machen morgen einen Rasttag. Uns reicht das schon so mit der Wanderung. Und ich konnte sie verdammt gut verstehen. Es war nicht nur der Rucksack und die 8 Stunden Bewegung – es war der Matsch, das Auf und Ab, das ewig Gleiche, der Kampf, den jeder einzelnen Schritt immer wieder bedeutete.

Unser ursprünglicher Plan war: bis Montag um 8 Uhr morgens die 49 Kilometer wandern (was effektiv bedeutete, knapp 25km in 2 Tagen zu wandern), um dann den einzigen Bus am Tag zu erwischen, der uns zurück zu unserem Auto bringen konnte. Nun würden unsere Freunde den Bus von diesem mittleren Campingplatz erwischen und Wilson und mich am Montag am Ende des Wanderweges abholen. Auch fein!

Wir stellten unsere Zelte auf, assen kurz etwas und fielen dann alle total erschöpft auf unsere Isomatten.

Und da waren es nur noch Zwei.

Wilson und ich packten am nächsten Tag gegen 7 Uhr unsere Sachen und starteten zum zweiten Teil der Wanderung. Das Wetter war prima, blauer Himmel und Sonnenschein, und der erste Kilometer führte schnurgerade am Strand entlang. Hach, wie schön!

Das änderte sich schlagartig, sobald der Weg vom Strand wieder in den Wald abbog…richtig, da war ja etwas. Mehr MATSCH!

Doch gleichzeitig wurden wir auch mit toller Aussicht aufs Meer belohnt, wo die ersten Surfer ihr Glück versuchten. Es ist ja schon eine schöne Gegend.

Der zweite Tag verlief insgesamt ähnlich wie der erste – nur dass die Auf- und Abstiege länger und steiler wurden, der Matsch tiefer und rutschiger und gefühlt alles länger und schwerer war.

Nach 20 Kilometer waren wir am vorletzten Campingplatz des Wanderwegs. Ich konnte nicht mehr, mein gesamter Körper schmerzte, da war keine Energie mehr vorhanden. Und so schlugen wir an einem erneute wunderbaren Plätzchen, direkt am Meer, unser Zelt auf. Nur gut, dass Wilson unsere Gasflasche für unseren Campingkocher im Auto vergessen hatte, so blieb uns also nur Trockenfutter zum Abendessen 😛

Nach einer kurzen Nacht, in der Wilson mich mehrfach aufweckte, weil er Angst hatte, dass die Flut unser Zelt wegschwemmen würde (was ein Quatsch – wobei die Wellen tatsächlich ziemlich nahe zu uns heranrückten) ging es am dritten Tag wieder um 7 Uhr los. Die letzten 10 Kilometer!

Und wie an den ersten beiden Tagen begann alles mit einer positiven Stimmung. Der Weg wurde etwas sanfter, weniger matschig, weniger steil. Wir kamen gut voran.

Aber kurz vor Ende spürte ich doch all meine Schmerzen der vergangenen zwei Tage, meine Motivation verliess mich, meine Energie gleich mit. Ich hatte wirklich keine Lust mehr und wollte einfach nur am Auto sein und endlich einen leckeren Kaffee schlürfen. So schön es auch ist, in der Natur – Rucksacktouren sind nicht besonders weit oben auf meiner Lieblingsliste. Ich mag das Meer, ich mag auch den Regenwald. Aber alles in einer gewissen Dosierung.

Dann war es endlich so weit: der letzte Matschweg, der letzte Kilometer, die letzte Steigung – und wir waren am Parkplatz, wo unsere Freunde tatsächlich schon mit dem Auto auf uns warteten.

Was für eine Tour. So schnell nicht wieder – und doch auch ein Erlebnis.

Wir kamen sogar am Abend mit einer der letzten Fähren (ohne Reservierung) wieder zurück nach Vancouver und haben also alles in allem diese Wanderung gut überstanden.

Wenn ich noch einmal zurückkehre, dann im Herbst (soll trockener sein) und zum trailrunning oder Tageswanderungen (auf dem mittleren Campingplatz campen und dann jeweils nach rechts und links laufen :D).

So, dann mal eine gute Woche!

One thought on “Juan de Fuca: eine Mehrtageswanderung auf Vancouver Island”

  1. Die Bilder sehen eigentlich ganz schön aus 😉 Hoffe ihr hattet trotz der Strapazen etwas Spass 🙂

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