Beinahe schon Frühlingsstimmung – wenn die Tage nicht so kurz wären. Die Sonnenstrahlen funkeln durchs Fenster (das mal wieder geputzt werden könnte :)), Menschen strömen aus den dunklen Wohnungen (nicht nur die Hundebesitzer, die bei jedem Wetter raus müssen), und sogar die Eisbude erlebt grossen Andrang. Samstag in Nord Vancouver – und ich beginne mein Wochenende.

Wilson ist in der Frühe nach Toronto aufgebrochen. Für ihn beginnt einer der grössten Höhepunkte für ein Projekt “the backcountryhutcompany”. In wenigen Tagen findet die Architekten-Messe in Toronto (IDS Toronto) statt – und Wilson wird mit seinem Team seine erste Hütte ausstellen! In den letzten Monaten wurde viel gesägt, geschraubt, gehämmert und eine erste Version ihres Models wurde Wirklichkeit.

https://www.facebook.com/TheBackcountryHutCompany/videos/339261536763547/

Ich drücke die Daumen, dass die Messe ein Erfolg wird und Wilson noch mehr Interessenten begeistern kann von seinem tollen Design!

Für mich stand dann ein ganz normaler Samstag an: nach einem schnellen Frühstück und einem kurzen Telefongruss nach Deutschland wurden schnell die Bike-Sachen und Ace gepackt: auf zu einer Tour, um die Sonnenstrahlen einzusammeln. Bei dem Wetter kam ich schnell ins Schwitzen 🙂

Anschliessen nach Hause gedüst, duschen, einen Apfel gepackt als Mittagessen und wieder ins Auto gesprungen: auf zur Wohnungsbesichtigung. Wilson und ich sind langsam wieder auf der Suche, Nord Vancouver macht uns nicht glücklich und wir wollen wieder in der Stadt wohnen. Die Wohnung, die ich mir ansah, war nur 2 Strassen von unserer alten Wohnung entfernt, schicke Loft-Wohnung – allerdings düster und mit einziger Aussicht auf die Backsteinrückwand des Polizeipräsidiums. Eher ein Flopp.

Schnell noch in den Supermarkt, um dann wieder nach Nord Vancouver zu rasen. Mir blieben genau 2 Minuten, um mein Sportzeug zu packen und zum verabredeten Treffpunkt, das Cafe 3 Blocks entfernt, zu rennen. Dort wartet Dace, eine Freundin, die ursprünglich aus Latvia kommt. Sie hatte mich zu einer Einführung zum Jiu-Jiutsu eingeladen – Selbstverteidiung für Frauen. Ich bin zwar nicht auf der Suche nach noch mehr Sportarten in meinem Leben, aber die Neugier war stärker: ansehen kann man es sich es ja.

Und es war auch wirklich interessant: wir haben erste Bewegungen gelernt, um sich aus unbequemen Situation trickreich zu befreien – ohne dabei Gewalt anzuwenden oder aggressive zu werden. Spannend, wie man seinen Körper geschickt und effektiv einsetzen kann! Meine neue Lieblingssportart wird es dennoch nicht.

Nach einem intensiven Tag dann endlich nach Hause und erschöpft aufs Sofa geplumpst. Aber halt, mein Programm ist ja noch nicht zu Ende! Am nächsten Tag möchte ich eine Skitour machen, heisst also: um 5 Uhr aufstehen. Dafür muss am Vortag alles vorbereitet sein. Daaaaann mal: Skier raus, Rucksack packen, Sandwich schmieren, Material checken, Wetter und Lawinenreport studieren, Route anschauen, GPS Daten runterladen.

Jetzt aber. Fertig. Abendbrot machen, eine Folge Babylon Berlin schauen und schliesslich Augen zu.

Die Nacht war unruhig. Wir haben sehr seltsame Nachbarn über uns, die nur einige Tage im Monat anwesend sind – dann aber einen seltsamen Rhythmus folgen. Um 21 Uhr gibts laute (und wirklich grässliche) Musik bis ca. 22.30 Uhr. Dann Getrappel und Rumgerenne. Kurze Ruhephase Zwischen Mitternacht und 4 Uhr. Kurz nach 4 Ihr läuft dann wieder eine komplette Herde durch die Wohnung – diesmal mit riesiegm geschrei und Gezanke zwischen den Kindern, ergänzt durch Geschimpfe des Vaters, noch mehr Getrappel…jaaaaa, ich liebe unsere derzeitige Wohnsituation :).

Um 5 Uhr 5 klingelte mein Wecker. Kurze Augengymnastik und gutes Zureden, dass ich trotz Schlafmangel einen fantastischen Tag vor mir haben werde. Ein, zwei, aufgestanden. Wie gut, dass ich alles am Abend zuvor vorbereitet hatte, so konnte nun alles im Auto-Modus ablaufen: Klamotten an, Gassi-Runde mit Ace, Rucksack gepackt und ab ins Auto.

Meine erste Backcountry-Skitour für diese Saison! Wir waren insgesamt eine Gruppe von 6 Personen: Bill, der Organisator, mit dem ich schon einige Touren mitgemacht habe, Michael, Andre (aus Neuseeland), Derek und Mick. Wir sind in der Nähe von Whistler gestartet und haben uns durch den Wald bis rauf zu Mount Sproatt gekämpft. Das Wetter und die Schneebedingungen ähnelten Frühlingsverhältnissen: eisig und krustig.

Oberhalb der Baumgrenze fanden wir ihn dann aber doch, den Pulverschnee. Was zu unserer Freude führte, bereitet Ace jedoch die grösste Herausforderung. Er sank mit jedem Schritt tief in den Schnee und hatte sichtbar Mühe, mit uns mitzuhalten. Immer wieder legte er Pausen ein, suchte mit seinen grossen Augen nach mir – und sah kein bisschen fröhlich aus. Ihn so leiden zu sehen gab mir einen tiefen Stich ins Herz: dies wird vermutlich seine letzte Skitour gewesen sein. Letztes Jahr noch hing er stets direkt an meinen Skiern…

Auf Mount Sproatt angekommen gab es Mittagspause im schönsten Sonnenschein. Was für ein perfekter Tag!

Von hier aus gab es eine erste kurze Abfahrt – Pulverschnee, ha, da muss ich mich erstmal wieder daran gewöhnen! Bin natürlich mit viel Hingefalle gestartet 😀 Ab ins Tal – und wieder rauf, zum nächsten Gipfel, Tonic Peak (und ja, direkt neben Tonic befindet sich Gin Peak :D).

Die Stimmung war bestens und wir freuten uns alle auf die nächste Abfahrt. Die obere Hälfte war famos: softer Schnee, weite Kurven im Schnee – federleicht schwebten wir die Hänge hinab. Die Stimmung wurde einzig durch den Anblick von Ace getrübt: der Arme kämpfte sich mit all seiner Kraft durch den dicken Schnee hinunter.

Sobald wir den Wald erreichten, wendete sich dann aber das Blatt: hier galt es nun, die vereisten Hänge im Wald runterzurutschen, dabei immer genau die Lücke ZWISCHEN den Bäumen zu treffen und möglichst nicht hinzufallen. Ace hatte damit kein Problem, er rannte fröhlich den Hang hinunter, nun, da er endlich wieder festen Grund unter den Füssen spürte.

Michael aus unserer Gruppe wurde diese Abfahrt dann doch etwas viel: er konnte zwar gut Skifahren, verlor aber seine Energie und bekam Krämpfe in den Beinen. Meter für Meter half ich ihm bei der Abfahrt, ihn immer wieder anspornend.

Um 16.30 Uhr waren wir wieder bei unserem Auto. Juchhe, eine erfolgreiche Skitour und alle sind gesund und munter 🙂

Ace hatte die Nase voll. Er versteckte sich im Wald – das letzte, was er jetzt wollte, war, in seinem Hundekäfig in Wilsons rumpeligen Truck zu sitzen. es dauerte fast eine halbe Stunde ehe ich ihn im Wald fand und mit harten Worten und grobem Gezerre ins Auto bugsieren konnte.

Und damit war das Wochenende auch schon vorbei. Erschöpft, aber vollgefüllt mit schönen Bildern.

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