Nach den ersten zwei Tagen Akklimatisierung konnte unsere Erkundung Boliviens starten. Ich erwähnte bereits, dass wir diese Reise mit einem bolivianischen Reiseveranstalter durchführten. Eigentlich bin ich kein grosser Fan von geführten Reisen – aber in diesem Fall war es extrem hilfreich. Keiner von uns sprach fliessend Spanisch, der Zugang zu den Bergen war jeweils nicht sehr einfach zu erreichen und zudem muss man sich Gedanken über Unterkünfte/ Zelte und Verpflegung machen. Zum Glück fand Mark, der den Trip hauptsächlich organisierte, diesen tollen Veranstalter: Bolivian Mountaineering. Ein kleines, lokales Familienunternehmen mit einem wirklich tollen Team. Wenn man durch La Paz läuft, findet man an jeder Ecke Reiseveranstalter, die alle die tollsten Versprechungen machen und mit den höchsten Gipfel locken. Unser Veranstalter trat da etwas leiser auf und blieb bis zum Ende flexibel und passt sich an uns an.

Unsere Tour startete dementsprechend auch nicht sofort mit den hohen Bergen, sondern führte uns sanft in die bolivianische Kultur ein. Dafür sorgte vor allem Mabel, unsere Reiseleiterin.

Am Montag morgen wurden von ihr und einem Fahrer in einem Mini-Bus abgeholt und los ging die Reise.

Unser erstes Ziel: Tiwanaku, eine archäologische Ruinenstätte, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Sie war das urbane Zentrum des Tiwanaku-Staates, welches später von den Inkas abgelöst wurde. Bisher sind nur etwa 7% der Stadtreste freigelegt; die gefundenen Ruinen werden auf einen Zeitraum zwischen 600 und 900 n. Chr. datiert. Bekannt ist die Stätte vor allem für ihre hervorragende Steinarbeit, die man sowohl in den Skulpturen erkennen kann, aber auch in der Architektur und Bauweise. Bis heute rätselt man darüber, wie die schweren Steinblöcke transportiert wurden und wie so eine präzise Verarbeitung möglich war.

In den letzten Jahrhunderten wurde die Stadt extrem geplündert und zerstört, Gebäude wurde eingerissen und Steine für Konstruktion neuer Gebäude genutzt. Man versucht nun mühsam, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, was aber zum Teil noch ein grosses Rätselraten bedeutet. Man vermutet, dass viele der Gebäude nach astrologischen Richtlinien gebaut wurden und somit eine Verbindung zu bestimmtem Göttern darstellten.

Dies war eine sehr beeindruckende Einführung in die Geschichte und Kultur von Bolivien. Jetzt war aber erstmal eine Stärkung fällig. Wir bekamen ein typisches bolivianisches Mahl – und damit ass ich zum ersten Mal Lama-Fleisch 🙂

Weiter ging es: unser Ziel war Copacabana, ein kleiner Fischerort direkt am Titikaka-See, dem höchstgelegenen befahrbarem See Südamerikas (liegt auf 3.800m Höhe).

Unterwegs hielten wir immer wieder einmal an, um die tolle Aussicht zu geniessen: endlose Weite mit den Bergen am Horizont. Ein Teil davon erstreckte sich ins Nachbarland Peru.

Um nach Copacabana zu gelangen, mussten wir den See für ein kurzes Stück mit einer Fähre überqueren. Das war ein kleines Abenteuer an sich: die “Fähren” waren grosse Holzboote, auf der zwei Autos (oder ein Lastwagen) Platz hatten. Davon tummelten sich jede Menge an der kleinen Überquerungsstelle, es war ein turbulentes Hin und Her mit kleinen Fähren.

Wir landeten sicher und wohlbehalten auf der anderen Seite und sahen bald schon Copacabana in der Ferne auftauchen:

Wir waren hier in einem Hotel direkt am Wasser untergebracht. Hier würden wir zwei Nächte verbringen, bevor es endlich in die Berge ging.

Copacabana ist ein wirklich kleiner Ort. Ich glaube, es zieht weniger internationale Touristen an, ist aber ein beliebter Ferienort für Bolivianer, denn es bietet eine idyllische Strandatmosphäre.

Nach einem gemütlichen Abendessen lagen wir ziemlich schnell im Bett (es war ein langer und erlebnisreicher Tag).

Am nächsten Morgen ging es weiter mit unsere geschichtlichen Erkundungstour. Mable brachte uns zu einem noch kleineren Fischerort, von wo aus wir mit dem Boot weiterfuhren.

Zunächst ging es zur Mondinsel (Isla de la luna). Hier standen die Inka-Ruinen einer ehemaligen Mädchenschule (eine Art Klosterschule). Die Ruinen waren noch ziemlich gut erhalten, man konnte die verschiedenen Räume gut erkennen und ein wenig einen zweiten Stockwerk erahnen. Dies ist noch immer ein heiliger Ort, Menschen kommen regelmässig hierher, um spirituelle Rituale abzuhalten.

Die Insel war auch noch immer bewohnt, allerdings nur von etwa 20 Menschen.

Von hier aus ging es zur Nachbarinsel, der Sonneninsel (Isla del Sol). Die Sonneninsel gilt als der Geburtsort der Inka: der Sonnengott schickt von hier seine beiden Kinder (die Sonne und Mond verkörperten) in die Welt, um das Inka-Reich zu gründen.

Die Sonneninsel ist ein grosser Anziehungspunkt für Besucher, hier leben ca. 2.000 Menschen. Unser Besuch fand genau einen Tag vor der Sommersonnenwende statt und man machte sich bereit für ein grosses Fest: zum Sonnenaufgang würden hier auf der Insel zahlreiche Menschen zu einem heiligen Ort strömen und dem Sonnengott huldigen.

Für uns startete hier eine kleine Mini-Wanderung: von der Bootsanlegestelle ging es etwa 400 Meter hinauf zum höchsten Punkt. Und ja: die paar Meter spürten wir 🙂

Zwischendrin gab es noch eine kleine Verschnaufspause an einem heiligen Ort:

…bevor es zum Gipfel ging (4.300m).

Auf unserem Rückweg besichtigen wir noch die Inka-Ruinen, an welchem am nächsten Tag das Sonnen-Ritual stattfinden sollte: eine herrliche Terrassen-Anlage mit Blick aufs Meer. Tolle Lage! 🙂

Diese Sonneninsel ist schon sehr schön, wirklich einen Abstecher wert!

Doch unser Ausflug war noch nicht zu Ende, Es ging zurück zum Boot – und von hier aus wurden wir zu einem schwimmendem Restaurant gefahren. Es war schon versteckt in einer kleinen Bucht gelegen. Hier war ein kleines Kulturprojekt für uns vorbereitet.

Zunächst wurde wir in bolivianische Trachten gehüllt (ich durfte mir einen Unterrock nach dem anderen überstreifen, um breite Hüften zu bekommen :D)….

…und dann wurden uns traditionelle Tänze gezeigt 🙂

Nach getaner Arbeit wurden wir mit einem traditionellen Essen belohnt: viel Fisch, diverse Kartoffelarten, Mais und Bohnen.

Was für ein toller Ausflug. Mable hatte sich wirklich grosse Mühe gegeben, um uns einen erlebnisreichen Eindruck von Bolivien, seiner Kultur und Geschichte zu vermitteln. Einmalig.

Uns blieb noch die Rückfahrt mit dem Boot (mit Chicha, einem süsslichem Bier) und ein toller Sonnenuntergang in Copacabana.

Am nächsten Morgen wurden wir von Flamingos am Strand begrüsst.

Wir brachen gleich nach dem Frühstück auf und traten die Rückreise Richtung La Paz an. Auf dem Weg gab es noch einen letzten, kulturellen Zwischenstopp: wir bekamen einen kleinen Eindruck in die Herstellung der traditionellen “Schilfboote”. Diese werden noch heute gebaut (mehr aus touristischen Zwecken) und sind wirklich robust, wie wir auf einer kleinen Spritztour erfahrne durften.

Nach diesem letzten Abstecher mussten wir uns von Mable verabschieden. Sie würde uns nicht in die Berg begleiten, ihr Fokus waren die Traditionen und Geschichten, nicht das Bergsteigen. Es gab also eine kurze Übergabe mit Fahrerwechsel, eine herzliche Verabschiedung – und der Beginn eines weiteren Abenteuers in Bolivien.

Davon mehr…genau: im nächsten Teil 🙂

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