Es war einmal.

Es war einmal ein wunderschöner Park mitten in einer immer grösser werdenden Stadt. Der Park war ein letzter Rest von einer vergangenen Zeit, wo Bäume Geschichten erzählen konnten. Die Bäume waren alt, so alt – und daher auch riesig. Sie hatten schon so viel erlebt. Einer der berühmtesten Bäume im Park, der “hohle Baum” (hollow tree) wird auf 800 Jahre geschätzt.

Das schönste an diesem Park war: er war einfach wild. Hier konnte alles wachsen und gedeihen, wie es lustig war. Ein richtiger Dschungel mit alten und neuen Pflanzen, grossen und kleinen, grünen und braunen. Der 4.5 km2 grosse Park umfasst etwa eine halbe Millionen Bäume, davon sind einige bis zu 76 Meter hoch.

Stanley Park ist regelmässig Teil von meinen Joggingrunden. Hier trifft man ab und zu auf Kojoten, sieht ab und zu Rehe hin und her flitzen und findet seine Ruhe an einem der zwei grossen Teichanlagen, wo sich noch Bieber, Schildkröten und Enten tummeln.

Unberührte Natur direkt vor meiner Haustür. Und ein grosser Touristenmagnet, vor allem im Sommer. Und obwohl durch den Park eine Strasse verläuft, findet man hier seine ruhigen Orte.

Doch seit einigen Monaten hat sich hier einiges dramatisch verändert.

Hier wird plötzlich alles umgeholzt. Wo mich früher kräftiges Grün, mit Moos behangene Bäume und kräftiges Dickicht begrüsst haben, klaffen nun nur noch riesige Löcher. Man hört den Strassenlärm und von der einstigen idyllischen Oase ist kaum noch etwas übrig.

Wieso das alles?

Seit etwa 2 Jahren macht sich hier eine gefrässige Raupenart breit, die angeblich alle grossen Bäume befällt. Und als einzige Schutzmassnahme ist der Stadt nun nichts besseres eingefallen, als die Bäume zu fällen. 160,000 Bäume werden insgesamt gefällt.

In Vancouver brach ziemlich schnell grosse Aufruhr aus: wie kann man so etwas nur machen?

Ich bin kein Experte und habe keine Ahnung, was richtig oder falsch, was eine gute oder schlechte Lösung ist. Aber eines weiss ich: der ikonische Stanley Park ist für immer verändert und nicht mehr das, was er einmal war. Und ja, wir haben ständig Veränderung um uns herum – und schliesslich gab es hier einmal viel mehr Wald als nur ein kleiner Stanley Park.

Vielleicht ist diese riesige Abholzung das geringere Übel und hilft uns zu schützen, was noch zu schützen ist. Vielleicht ist es aber auch eine voreilige oder “bequeme” Entscheidung, die weniger Geld oder Aufwand kostet als jegliche Alternativlösungen.

Es macht mich jedenfalls traurig. Nun jogge ich nicht mehr in einer friedlichen Oase, sondern in einem verwundeten Ort. Manchmal finde ich es schon ein wenig arrogant, dass wir Menschen glauben, für alles eine “beste” Lösung zu haben – als ob sich der Wald nicht von selber gegen Raupen schützen könnte und so sehr auf uns angewiesen sei…

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.