Und da war er: der letzte Tag unserer Route. Zwischendurch beinahe fiebrig herbeigesehnt war das Erwachen an diesem Morgen dann doch etwas zwiegespalten: nun also schon vorbei? Wieder zurück in die Zivilisation?
Bevor es so weit war, stand aber erstmal ein laaaaanger Tag vor uns: 32 km und 2000 Höhenmeter Abfahrt. Juhuuu! So einen Tag muss man vor allem mit einem beginnen: mit einem königlichen Frühstück. Und das wurde uns tatsächlich aufgetischt, in der Vignette Hütte. Speck, Eier, Pfannkuchen, Orangensaft – fast wie in einem Luxus-Hotel!
Nur die vielen Menschen im kleinen Saal erinnerten daran, wo wir eigentlich waren – und was uns bevorstand. Nämlich ein Massenstart – mit vorherigem kleinem “Schlachtkampf”, um im engen Kellergewölbe an Skier und Skischuhe zu kommen.
Der Rucksack gepackt, Skier und Skischuhe gefunden: es kann losgehen. Ein traumhafter Tag stand uns bevor und ein wolkenloser Himmel begrüsste uns. Da sahen wir auch zum ersten Mal, wo die Vignette-Hütte stand und wie der Eingang aussah: der führte nämlich auf einem schmalen Grad entlang, die Hütte stand direkt an einem riesigen Felsabhang.
Viel wichtiger aber: unser erste richtiger Sonnenaufgang in den Bergen! In all seinen Kitschfarben – wenn das mal kein gutes Ohmen ist!
Dann mal los: mit etwa 50 anderen Menschen starteten wir in den Tag (nun ja, mal wieder so ziemlich als de Letzten :D).
Wir hatten wieder Glück mit dem Timing: da es in den letzten Tagen so warm war, sind in der Gegend viele Lawinen heruntergekommen. Wir sind zum Glück nur an den Überresten vorbeigekommen – die Hänge waren also alle gröstenteils bereits “abgerutscht”.
Auf dem heutigen Tagesprgramm standen insgesamt 3 Aufstiege.
Der zweite war wieder mal so ein “Skier-auf-den-Rücke-und-raufkraxeln” Ding – die werd ich sicher nicht vermissen.
Der letzte Anstieg war recht flach – dafür endlos. Ich weiss gar nicht, was ich schlimmer fand: die steilen Kraxelwände oder die endlosen Weiten, die einem das Gefühl geben, keinen Schritt nach vorne zu kommen.
Mir half da nur gutes mentales Zureden und die Jukebox im Kopf andrehen. Irgendwann war es dann so weit: die Toblerone-Spitze ragte langsam empor. Das Matterhorn!! Wir haben den höchsten Punkt unserer Tagesetappe erreicht!
Ich kann gar nicht beschreiben, wie erleichtert ich in diesem Moment war. Der Tag fühlte sich unendlich lange und beschwerlich an, ich konnte die letzten Tage überall in meinem Körper spüren. Zu wissen, dass nun nur noch eine extrem lange Abfahrt vor uns lag – und das bei bester Sicht und Sonnenschein – so viel Glück war fast unfassbar.
Wir starteten jauchzend und juchzend unsere Abfahrt: herrlicher Schnee, strahlendblauer Himmel – und ringsherum die tollsten Gletscherformationen!
Wir konnten uns gar nicht satt sehen und kamen aus dem Staunen und der Bewunderung für diese tolle Natur-Kunst nicht mehr heraus: träum ich oder darf ich das wirklich erleben?
Von 3200 Metern ging es auf 1400 Metern hinab. Knapp unterhalb 2000 Metern konnten wir die Sonne dann nicht nur im Gesicht spüren: der Schneespass wurde fast zum Wasserski-Experiment, rutschte auch nicht mehr so gut…aber wir schafften es doch und kamen gut gelaunt im Tal in Zermatt an. Doch bevor wir in Zermatt einfuhren, musste ich meine kanadischen Freunde natürlich erstmal in das gute Apres-Ski einführen. Das war glaub das beste Bier für uns alle. Oder wird zumindest für immer in Erinnerung bleiben 🙂
Oh man, wir haben es tatsächlich geschafft! Wir waren in Zermatt! 7 Tage auf Skiern, die Alpen wieder fürchten und respektieren gelernt, Komfortzonen ausgedehnt, als Gruppe gewachsen…was für ein Erlebnis!!
Erleichtert, angeheitert und bester Laune kamen wir also im Tal an. Wir sprangen in einen der kleinen Elektrobusse, die im autolosen Dorfzentrum herumfahren, um zu unserem Hotel zu kommen. Als im Radio dann “YMCA” lief, konnten wir uns nicht mehr halten: lauthals stimmten wie ein und machten die YMCA Bewegungen. Es dauerte keine Minute bis der gesamte Bus mittanzte 🙂
Ein letzter Höhepunkt des Tages war dann: die Dusche! So etwas gibt es in den Alpenhütten auf über 3000 Metern natürlich nicht – hach, tat das gut, frisches Wasser auf der Haut! 🙂
Frisch gewaschen war die nächste wichtige Tat dann: Nahrungsaufnahme! Und auch hier konnte ich wieder Tourguide spielen. Echtes Schweizer Raclette, yammy. Rob hat sich als Nachtisch dann noch ein Käsefondue bestellt – man weiss ja nie, wann man mal wieder in die Schweiz kommt 😀
Gesättigt, glücklich und müde stolperten wir aus dem Restaurant und machten uns auf den Rückweg zum Hotel. Es war ein rechtes Treiben auf den engen Dorfstrassen, jede Menge Militär, welche die Strassen absperrten. Was war denn nur in Zermatt los?
Da lernten wir: um 22 Uhr fiel der Startschuss für einen den extremsten Bergläufe aller Zeiten, dem Patrouille des Glaciers. Die Wettkampfteilnehmer absolvierten quasi die Strecke, welche wir in 7 Tagen hinter uns brachten, in einer langen Nacht. Von Zermatt nach Verbier – und die schnellste Gruppe brauchte dafür gerade mal etwas über 7 Stunden. 53km und über 4000 Höhenmeter. Hm, dann war das also gar nicht so ein grosses Ding, was wir da gemeistert hatten :D.
Mir hat es jedenfalls gelangt. Überglücklich fiel ich ins kuschelige Bett – und weg.