Mit den langsam abnehmenden Reisebeschränkungen kann man dem Druck endlich nachgeben und soziale Kontakte wieder pflegen. In Kanada ist das oft mit Reisen verbunden, da hier die Distanzen so enorm weit sind.

Für Wilson war es an der Zeit, endlich wieder einmal nach Toronto zu fliegen, um dort seine Familie, aber auch viele seiner Freunde aus Schulzeiten wiederzusehen. Das wollte ich mir nicht nehmen lassen und flog mit – arbeiten kann ich schliesslich auch von Toronto (so der Plan).

Nur mit Handgepäck bestückt kamen wir auch gut durch das Flughafenchaos, das in den Nachrichten viel zu dramatisiert wurde (oder: unsere Erfahrung war eine deutlich positivere). Sowohl beim Einsteigen wie auch Aussteigen hatten wir keinerlei Probleme und rollten fröhlich mit unseren kleinen Koffern in und aus dem Flughafengebäude heraus.

Grossstadtluft

Da waren wir dann: Toronto. Wir wurden zum Glück nicht von der sonst üblichen Sommerhitze begrüsst, sondern hatten angenehme 26 Grad mit einer leicht höheren Luftfeuchtigkeit als wir sie in Vancouver kennen. Das passt prima zu: Poolzeit! Wilsons Eltern haben einen tollen Garten mit grossem Pool. Wilsons Neffen warteten bereits auf ihn im Wasser – was eine Wiedersehensfreude!

Wir verbrachten ein schönes Wochenende mit Wilsons Eltern, seiner Schwester mit Mann und Kindern. Turbulent, erfrischend, schön.

Für mich ging es unter der Woche dann ins “Büro”: ich habe gerade ein Projekt mit einem Kunden aus Toronto und so liess ich es mir nicht nehmen, mein Team endlich persönlich kennen zu lernen. Tut gut, endlich wieder einmal mit anderen Menschen direkt zusammen zu arbeiten. Allerdings: allemann in einem Raum, wo jeder unterschiedliche Gespräche (Meetings) führt kann auf Dauer auch anstrengend sein. Ich nehme as als tolle Abwechslung an – aber bin auch froh, dass ich meist von zu Hause in meinen vier Wänden arbeiten kann.

Der Weg ins Büro dauerte etwa 1 Stunde. Ich hab ganz vergessen, wie sich eine richtige Stadt anfühlt – Toronto ist mit seinen 3.6 Millionen Einwohnern gross und weitläufig. Es gibt genau zwei (!!?!) U-Bahn-Linien, dazu ein paar Strassenbahnen und Busse. Man kann also sagen: das öffentliche Verkehrsnetz ist optimierungsbedürftig. Das hat die Stadt auch erkannt und bastelt fleissig an neuen U-Bahn-Linien. Ein riesiges und langwieriges Unterfangen, was die Innenstadt bereits seit Jahren in eine endlose Baustelle verwandelt.

Ich habe dann zum Glück die Miet-Fahrräder in Toronto entdeckt: an vielen Ecken findet man Mietstationen, wo man, nachdem man eine App auf sein Handy geladen hat, problemlos Fahrräder mieten kann. Allerdings nur für 30 Minuten, dann muss das Rad wieder an einer Station angedockt werden – oder man muss Strafe bezahlen. Für die gesamte Strecke zum Büro hat es für mich also nicht gereicht, aber eine Mischung aus Laufen und Radfahren fand ich trotzdem besser, als in der überfüllten U-Bahn zu sitzen.

Tagsüber habe ich also fleissig gearbeitet, abends ging es dann weiter mit diversen sozialen Veranstaltungen. Wilson nahm mich zu einem Baseball-Game mit seinen Freunden aus Kindheitstagen mit. Das eigentlich spannende war, neue Leute kennen zu lernen. Das Baseballspiel an sich hat mich wenig interessiert – absolut nicht mein Sport und ohne die Regeln wirklich zu verstehen wirkte es auf mich einfach nur unendlich langweilig. 

An einem anderen Abend waren wir zum Abendessen bei Fitore und Robert eingeladen, meiner Freundin von meinen ersten Tagen in Vancouver. Die beiden sind mit ihrem Sohn mittlerweile in eine von Toronto’s Vorstädten gezogen, etwa 1 Stunde ausserhalb von der Grossstadt.

Und natürlich haben wir Zeit mit Wilson’s Familie verbracht. Es war also ständig etwas los.


Cottage Country

Am Ende unserer ersten Woche in Toronto ging es zu einem zweiten Abschnitt unseres Besuches: Cottage Hopping.

In Ontario ist es üblich, dass man ein kleines Ferienhaus an einem See besitzt, eben ein “Cottage”. Die vielen Seen, die Ontario zu bieten hat, bieten eine attraktive Abwechslung zum Stadtleben und sind in wenigen Stunden zu erreichen. 

Und so waren auch viele von Wilson’s alten Schulfreunden im Sommer nur in ihren Cottages anzutreffen. Wir starteten also eine 5-tägige Besuchsrunde.

Los ging es mit Martin und seiner Familie in Collingwood. Er hatte erst vor kurzem ein neues Haus gebaut für sich, seine Frau und seine zwei Kinder gebaut, ein Monsterprojekt: sie haben ein altes Farmhaus erstanden, es abgebaut, auf ihrem Grundstück wieder aufgebaut und dann ein modernes Haus quasi “reingesetzt”. Das Ergebnis ist ein sehr beeindruckendes zu Hause mit viel Luft und Platz.

Dies war aber erst der Anfang vom Landleben. Denn neben diesem schicken Traumhaus besitzen Martin und Sarah auch ein kleines Häuschen auf einer kleiner privaten Insel mitten in einem der vielen Seen in Ontario. (Das mag sich jetzt etwas dekadent anhören – aber es gab eine Zeit, da war es recht einfach und günstig, eine Hütte an einem See zu ergattern.)

Dorthin brachen wir am nächsten Tag auf. Nicht ganz ohne Umwege und kleinere Herausforderungen: zum einen war dies ein offizieller Arbeitstag für mich. Und ich hatte den Jackpot gezogen: an diesem Tag sollte ich einen Workshop leitend unterstützen. Ich fand allerdings erst am Morgen heraus, dass wir zu meiner Workshop-Zeit bereits im Auto sitzen würden – auf den Weg ins Nirgendwo. Au weia, wie soll das denn gehen? Zudem sassen meine Kollegen alle in Vancouver – 3 Stunden Zeitverschiebung, die waren noch gar nicht wach!

Hilft ja nichts: mitgefangen, mitgehangen. (So eine “Workaction” ist nicht die beste Idee, so schnell werde ich das nicht noch einmal ausprobieren.)

Ich habe meinem Team eine kurze Nachricht geschickt, um sie vor meinem “instabilen Internet” zu warnen. Und dann habe ich es tatsächlich geschafft, mich während der Autofahrt (Wilson sass am Steuer :)) in unsere Videokonferenz einzuwählen. Es war nicht ideal und verlief nicht reibungslos – aber es lief irgendwie. Puh.

Ein weiteres Ziel auf unserem Weg zum See war ein Abstecher zu eines von Wilson’s Projekten. Einer seiner Kunden war gerade im Anfangsstadium der Bauphase und Wilson wollte kurz nach dem Rechten sehen. Mein Workshop war kaum beendet, da rollten wir auf die Baustelle ein.

Wir trafen ein reizendes Ehepaar, dass erst vor kurzem dieses wundervolle Stück Land erworben hatte und nun hier ein neues Zuhause bauten. Spannend, diesen Prozess mitzuverfolgen!

Von hier ging es jetzt aber wirklich ins Wochenende: wir trafen Martin, Sarah und die Kinder am Ende des Sees. Um auf die Insel zu kommen, lag eine 45 Minuten lange Überfahrt in einem kleinen Motorboot vor uns.

Die Überfahrt verlief feucht fröhlich – auch auf einem See gibt es Wellen – es war ein kleines Abenteuer.

Wir verbrachten zwei tolle Abende auf der Insel mit Schwimmen im See, Saunagängen (als Halb-Finne hatte Martin auch eine kleine Sauna gebaut; er ist auch der Designer von Wilson’s Sauna), Cocktails bei Sonnenuntergängen und gerilltem Fisch am Abend. Die beiden Kinder (3 und 1 Jahr alt) hielten uns stets auf Trab. Was will man mehr 🙂

Nach zwei Tagen packten wir unsere Sachen uns schipperten wieder zurück ans Festland.

Nächstes Cottage: wir besuchten Wilson’s Freunde Jason und Heather, die ein kleines Häuschen an einem anderen See besassen.

Wieder kamen wir an einer kleinen Marina an, wo Jason bereits mit seinem Boot auf uns wartete. Ihr Haus lag zwar nicht auf einer Insel, aber der Zugang war dennoch nur über den Wasserweg zu erreichen. Die Fahrt über den See war diesmal etwas kürzer und auch bequemer (grösseres und stärkeres Boot).

Auch hier verbrachten wir zwei tolle Tage, alles etwas ruhiger und gemütlicher (die Kinder waren bereits Teenager, was den Trubel tagsüber deutlich reduizierte :)). Tagsüber fuhren wir mit dem Boot raus (der See bestand aus vielen kleinen “Kanälen”, die wir erkundeten), unternahmen kleine Spaziergänge oder kühlten uns im See ab. Abends wurde gegrillt und Karaoke gesungen – Heather liebte singen und ich sagte dazu nicht Nein 😀

Nach diesem Aufenthalt ging es es weiter für uns. Nächstes Ziel: Wilson’s Cousin in der Nähe von Toronto (auf dem Land).

Auf unserem Weg durchquerten wir den berühmten Algonquin-Park, Ontarios grösster Nationalpark, der vor allem im Herbst mit seinen leuchtenden Farben beeindruckt. Hier habe ich meinen ersten Elch in Kanada gesehen (vor vielen Jahren). Auf unserer Fahrt sahen wir leider keine Wildtiere.

Dafür gab es einen Zwischenstopp zu einem weiteren Projekt von Wilson. Der Kunde war diesmal nicht vor Ort und das Haus auch schon viel weiter in der Bauphase – wow, sieht das toll aus!

Am späten Nachmittag kamen wir bei Wilson’s Cousin an. Wow, ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus.

Wilson’s Cousin Bob und seine Frau Gale wohnten etwa 2 Stunden von Toronto auf einer Hobby-Farm. Das bedeutete: ein riesiges Haus, ein eigener Wald mit Teich, Golf-Kurs und Wasserkanälen. Die Besichtigungstour fand in einem kleinen Mini-Wagen statt – es hätte zu lange gedauert, das gesamte Grundstück zu Fuss zu begehen! Verrückt.

Nach der Besichtigungstour hatte ich noch einmal ein kurzes Arbeits-Dilemma: es standen zwei Meetings mit zwei unterschiedlichen Kunden an. Doch so gross auch das Grundstück war, was es nicht gab war ein gutes Netzwerk. Ich musste also mit dem Auto etwas ausserhalb in ein Feld fahren, wo der Empfang ausreichend war für meine Meetings. Da sass ich nun, um mich herum die Grillen, vor mir das riesige Anwesen…das Leben ist schon manchmal speziell 🙂

Nach meinen Meetings kam ich pünktlich zur “Cocktail-Hour” wieder zurück, sprang zur Erfrischung mit Wilson noch in den See, bevor wir uns endgültig auf den Heimweg machten. Zurück nach Toronto.

Hier konnte ich noch zwei Tage in Ruhe arbeiten – wie fein – während Wilson die Zeit mit seinen Eltern genoss. Sie planen, ihr Haus zu verkaufen und in eine ebenerdige Wohnung zu ziehen, man wird ja nicht jünger. Und so hiess es für Wilson auch Abschied zu nehmen. Bei unserem nächsten Besuch in Toronto wird das Haus wohl einen neuen Besitzer haben.

Den letzten Tag in Toronto habe ich noch einmal mit Fitore verbracht. Welch ein herrlicher Abschied!

Und damit ging es für uns zurück nach Vancouver. Der Rückflug war etwas harzig – unser Flug wurde zweimal gecancelt, bevor wir endlich am Abend doch noch einen Flieger nach Vancouver erwischten.

Und da sind wir jetzt wieder. Es tut gut, zu Hause zu sein. Jetzt brauch ich erstmal Erholung vom Urlaub 🙂

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